Herkömmliche Charts sind zeitbasierte Charts, bei denen jeweils eine Zeiteinheit festgelegt wird. Ist das die einzige Möglichkeit, einen Chart zu konstruieren? Sollten wir Charts in Betracht ziehen, bei denen der Zeitverlauf bzw. der jeweilige Zeitraum außer Acht gelassen wird?
In diesem Artikel werden wir die Vorzüge von zeitunabhängigen Charts kennen lernen und den Nutzen von alternativen Chartmethoden betrachten, die die Zeit ausklammern.
Sichere Dir jetzt das kostenlose E-Book und Du wirst lernen:
Wie Du profitabler durch Indikatoren wirst
Welche Vorteile Indikatoren bieten
Wann Du welche Indikatoren richtig anwendest
Wir achten den Datenschutz. Austragung problemlos möglich.
Wir achten den Datenschutz. Austragung problemlos möglich.
Warum zeitbasierte Charts?
Der Hauptgrund ist der Mangel an Technologie in der Vergangenheit. Die Börsen hatten seinerzeit einfach nicht die Möglichkeit, Marktteilnehmern Zugang für Echtzeitdaten zu bieten. Es gab zwar Ticker-Tapes, aber diese waren nicht für alle zugänglich. Selbst wenn dies möglich gewesen wäre, gab es keine Software, um entsprechende Charts zeitgleich zu produzieren.
Charttechniker mussten ihre Charts von Hand zeichnen. Die zweifellos machbare Methode bestand darin, Tagescharts als End-of-Day-Daten zu erstellen, die problemlos bezogen werden konnten. Somit konnten Trader seinerzeit warten, bis der Markt schloss, um ihre Charts ohne Eile für die Analyse zu aktualisieren.
Der zweite Grund ist auf logisches Denken und nicht auf technische Beschränkungen zurückzuführen. Jeder Handelstag stellt einen vollständigen Zyklus dar, der von der Markteröffnung, wenn die Trader auf die Nachrichten des Vortages reagieren, über die Flaute in der Mittagszeit bis zur Schlussphase geht, wenn die großen Fonds ihre Positionen anpassen.
Daher ist es sinnvoll, Handelstage miteinander zu vergleichen. Seither basieren Tagescharts auf festgelegten Zeiteinheiten. So wurde der Gedanke, zeitbasierte Charts graphisch darzustellen, zur Regel.
Zeitunabhängige Charts
Als sich jedoch mit dem Fortschritt der Technik der Börsenhandel rund um die Uhr vollzog, was mit höherer Volatilität verbunden war, haben die Trader mit einer Vielzahl von Chartmethoden experimentiert. Diese alternativen Chartmethoden klammern normalerweise die Zeit aus. (Gann dreht sich gerade in seinem Grab um.)
Diese alternativen Chartmethoden werden wir uns nun genauer ansehen und uns mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen beschäftigen.
Range-Charts
Der brasilianische Trader Vincent Nicolellis entwickelte 1995 die Range-Charts. Die Range-Charts stellen die jeweilige Handelsaktivität dar, woraus sich eine entsprechend höhere oder niedrigere Anzahl von Kursstäben ergibt. Die zugrunde liegende Einheit ist also hier nicht die Zeit, sondern Einheiten von Kursbewegungen. Anstatt einen Zeitrahmen zu wählen wie beispielsweise 5 Minuten, wählen wir hier eine Kursspanne wie etwa 5 Ticks. Es entsteht eine neue Bar (Kursstab) für jeweils 5 Ticks an Kursbewegung.
Bei Range-Charts wird somit die Zeit eliminiert, während nur ein anderer Faktor in den Mittelpunkt rückt, nämlich die Price Action. Wenn sich die Kurse nicht bewegen, gilt dies auch für den Chart. Daher behaupten manche Trader, dass Range-Charts auch dazu dienen, nicht tendierende Märkte auszufiltern und sogenannte Zickzack-Kursbewegungen zu umgehen.
Das klingt vielleicht wie ein Traum für einen Price Action Trader, aber Sie sollten bedenken, dass Range-Bars nicht für die OHLC-Analyse verwendbar sind. Bei dieser Chartart wird jede Rangebar abgebrochen, wenn sie eine bestimmte Kursspanne über- oder unterschreitet. Deshalb schließen diese Bars immer im gleichen obersten und untersten Bereich. Wegen dieser künstlichen bzw. konstruierten Schlusskurse sind die meisten Kursmuster und Candlestick-Chartmuster auf Range-Charts unwirksam.
Volumen-Charts
Die Volumen-Analyse ist ein wesentlicher Schwerpunkt der technischen Analyse. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir Charts haben, die auf dem Volumen als Einheit basieren. Im obigen Beispiel entsteht immer dann eine neue Bar (Kursstab), wenn ein Volumen von 13.000 Kontrakten gehandelt wurde.
Das Volumen entspricht der Handelsaktivität und ist somit der Treibstoff der Marktbewegungen. Mit festgelegten Volumencharts können wir beobachten, was der Markt mit der jeweils gleichen Menge von „Treibstoff“ macht. Daher sind konstante Volumencharts für viele Trader sinnvoll.
Außerdem können wir, im Gegensatz zu Range-Charts, bei den Volumencharts die Bar-Chartmusteranalyse anwenden.
Tickcharts
Tickcharts sind den Volumencharts vergleichbar. Aber anstatt das Volumen als Grundlage zu nutzen, verwenden wir beim Tickchart einen Tick als Basis. Bei diesem Charts legt man eine bestimmte Anzahl von Ticks (Trades) fest und zwar unabhängig von dem gehandelten Volumen.
Viele Scalping-Tradingstrategien verwenden Tickcharts. Jjrvat (Forum-Thread) erwähnte, dass sein auf Price Action basierender Ansatz am besten mit Tickcharts funktioniert. John Carter empfiehlt in seinem Buch Mastering the Trade, Second Edition: Proven Techniques für Profiting from Intraday and Swing Trading Setups ebenfalls Tickcharts für sein Scalper-Trading Setup.
Sind zeitunabhängige Charts der Heilige Gral?
Nein. Diese zeitunabhängigen Charts stellen lediglich eine andere Art und Weise dar, um die Kursinformationen zu zeigen.
Sie zu erlernen ist so, als lerne man die Verwendung eines neuen Indikators. Es gibt keinen perfekten Indikator und auch keine perfekte Chartart. Sie funktionieren unterschiedlich, und Sie müssen lernen, sie richtig einzusetzen.
Seien Sie sehr vorsichtig, wenn Sie zeitunabhängige Charts ausprobieren. Dabei verändert sich nämlich die gesamte Grundlage, auf der Sie Ihre Charts aufbauen. Daher hat dieser Chart weitreichendere Konsequenzen, als wenn Sie irgendeinen Indikator dazu nehmen.
Der erste Schritt ist die Entscheidung für eine bestimmte Einstellung. Eine Möglichkeit, um mit der Untersuchung zu beginnen, wäre, eine langfristige durchschnittliche Kursspanne (Average Range)/Volumen des Zeitrahmens, den Sie normalerweise handeln, zu nehmen und diese als Einstellung für Ihre Charts zu verwenden. Wenn Sie beispielsweise im 5-Minuten Zeitrahmen handeln und die 200-Perioden Average Range einer 5-Minuten-Bar beträgt 4 Ticks. So können Sie einen Range-Chart darstellen und 4 Tick als konstante Range verwenden.
Sie müssen im Gedächtnis behalten, dass die meisten Tradingmethoden zeitbasierte Charts verwenden. Ich sage nicht, dass alle Trading Tools ohne Zeit als Basis scheitern werden. Einige Methoden könnten sogar aufgrund des geringeren Lärms besser funktionieren. Die einzige Möglichkeit, um das herauszufinden, besteht darin, eine Überprüfung durchzuführen, bevor Sie eine Tradingstrategie auf einen zeitunabhängigen Chart anwenden.
Ich betrachte diese alternativen Charts als äußerst wertvoll für das Intraday-Trading. Wie oben erwähnt, sind Tagescharts sinnvoll, weil jede Bar den gesamten Tradingzyklus eines einzigen Handelstages enthält. Auf Intraday-Charts lässt sich diese Logik jedoch nicht anwenden. Eine 5-Minuten-Bar zur Markteröffnung ist grundverschieden gegenüber einer 5-Minuten-Bar nach den Handelsstunden. Daher erscheinen zeitunabhängige Charts als bessere Option beim Intraday-Trading.
Wenn Sie mehr über zeitunabhängige Charts erfahren wollen, empfehle ich Ihnen noch zwei weitere Arten von zeitunabhängigen Charts:
- Renko-Charts (Beyond Candlesticks: New Japanese Charting Techniques Revealed)
- Point & Figure Charts (The Definitive Guide to Point and Figure: A Comprehensive Guide to the Theory and Practical Use of the Point and Figure Charting Method)
Dieser Artikel wurde im Original von Galen Woods auf seiner Webseite veröffentlicht: Trading Charts without Time: Range, Tick, Volume
Deutsche Übersetzung von Karsten Kagels und Gaby Boutaud
- Die 10 wichtigsten Candlestick Formationen für erfolgreiches Trading – Guide & Strategien (2023) - 25/01/2023
- Den Trendkanal im Trading richtig zeichnen und erfolgreich handeln – Beispiele und Strategien (2023) - 24/01/2023
- Die 10 wichtigsten Chartmuster für erfolgreiches Trading – Guide & Strategien (2023) - 20/01/2023