Markt: leichtes Rohöl Future Endlos Kontrakt (NYMEX)
Zeitpunkt der Analyse: 29.06.2025
Letzter Kurs: 65,52 USD/Barrel
Analyse des Rohöl-Monatscharts (WTI)
Der abgebildete Chart zeigt die langfristige Kursentwicklung des Rohöl-Futures von 2011 bis heute, bei Kursen von 65,52 USD/Barrel. Ein Notierungsstab bildet das Kursverhalten des Rohöl-Futures für jeden Monat ab.
Rohöl zurück in langfristiger Seitwärtsbewegung
Aus der Perspektive des langfristigen Monatscharts hat der WTI Future Anfang April die seit September 2022 bestehende eingezeichnete Seitwärtsbewegung mit den Widerständen zwischen 90 und 94 und den starken Unterstützungen zwischen 65 und 70 dynamisch nach unten aufgelöst. Im Zuge dieses Verkaufssignals sind die Kurse des schwarzen Goldes am 09. April auf den tiefsten Stand seit März 2021 auf 56,06 gefallen.
Das erwartete Abwärtspotential durch dieses Chartsignal wurde von den Bären mit diesem Bewegungstief jedoch noch nicht entsprechend ausgeschöpft.
Für die Ableitung eines denkbaren Kursziels nach einem derartigen Ausbruch aus einer Konsolidierung bietet es sich im Normalfall an, den Abstand zwischen dem Tief und dem Hoch der Seitwärtsbewegung von dem Ausbruchsniveau abzuziehen. Speziell auf den WTI Future bezogen darf man demnach langfristige mit mindestens fallenden Kursen in Richtung 50 rechnen.
Mai Innenstab überschritten
Nach Erreichen des aktuellen Jahrestiefs bei 56,06 hat der WTI Future im Mai weder das Vormonatshoch überschritten, noch das Vormonatstief unterschritten. Charttechnisch spricht man von einem sogenannten Innenstab. In der Regel signalisieren derartige Stäbe eine Konsolidierung auf den untergeordneten Zeiteinheiten. Ausgelöst durch den Konflikt im Nahen Osten wurde das Hoch des Innenstabes aus dem Mai bei 63,90 Anfang Juni dynamisch überschritten. Die Sorge eines langanhaltenden Krieges unter Beteiligung der Großmächte in dieser Region katapultierte den Rohölpreis in Kürze bis zum 23. Juni auf ein Bewegungshoch bei 74,48. Dabei wurde die seit September 2023 bestehende eingezeichnete Abwärtstrendlinie fast punktgenau getestet.
Mittelfristige Konsolidierung nach oben aufgelöst
Aus der Perspektive des mittelfristigen Wochencharts wurde die bestehende Konsolidierung mit der Kernhandelsspanne um die Zone erhöhter Abgabebereitschaft zwischen 64 und 65 und der Zone erhöhter Aufnahmebereitschaft, resultierend aus den Markttiefs aus Mai und April um 56, nach oben aufgelöst. Damit wurde ein Trading-Kaufsignal generiert. Wie oben beschrieben, stoppte dieser Aufwärtsimpuls erst an der eingezeichneten Abwärtstrendlinie bei 74,48. Bei gleichzeitiger geopolitischer Beruhigung im Nahen Osten nutzten die Bären diesen Bereich zum Abverkauf auf das aktuelle Niveau. Somit handelt der WTI Future wieder im Bereich der „alten“ Unterstützungen der über zwei Jahre andauernden Seitwärtsbewegung.
Wochen-MACD dreht auf Kauf
Auch aus einer rein technischen Sicht hat sich das mittelfristige Chartbild verbessert: Der MACD hat seine Signallinie von unten nach oben durchstoßen und somit parallel mit dem Überschreiten der Widerstände um die mittelfristige Konsolidierung ein Kaufsignal geliefert, damit erhöht sich die analytische Bedeutung zusätzlich.
Positive Saisonalität endet Anfang Juli
Aufgrund historischer Erfahrungswerte lassen sich für Aktien, Rohstoffe und Währungen statistische Durchschnittswerte berechnen.
Typische geglättete Durchschnittsverläufe zeigen von Mitte März bis Ende Juni einen signifikanten Anstieg im WTI Future. Ende Juni/Anfang Juli wurde dann in der Regel ein deutlich sichtbarer Pivotpunkt erreicht. Dieser wurde aus der Historie abgeleitet den Rest des Jahres, wenn überhaupt, nur knapp überboten. Erfahrungsgemäß scheitert die Wiederaufnahme eines Aufwärtstrends, die potenzielle Abwärtsbewegung endet nicht selten erst Anfang Dezember.
Hinzufügend muss jedoch erwähnt werden, dass die typische Rally von Mitte März bis Ende Juni nicht zu beobachten war. Erst ab Juni folgte der Rohöl Future den klassischen saisonalen Mustern infolge der geopolitischen Unruhen.
Fazit:
Aus der Perspektive des langfristigen Monatscharts hat sich das negative Chartbild des Rohöl Futures durch den Anstieg im Juni wieder etwas verbessert. Aktuell handelt der WTI Future zwischen zwei wichtigen charttechnischen Entscheidungspunkten: Einerseits handelt Rohöl unter der seit September 2023 bestehenden Abwärtstrendlinie, welche sich aktuell mit fallender Tendenz bei etwa 74 befindet und andererseits dem „alten“ Unterstützungsbollwerk um die 65.
Aus der Sichtweise des Wochencharts wurde die richtungslose Konsolidierung zwischen 64 und 56 nach oben aufgelöst, auch das technische markttechnische Bild hat sich zugunsten der Bullen gedreht. Dadurch wurde ein neuer mittelfristiger Aufwärtstrend etabliert.
Sollte es nicht weiter zu geopolitischen Unruhen in der Region des Nahen Ostens kommen, überwiegen in der Gesamtgemengelage im Zusammenhang mit der schwächeren Saisonalität und dem Abverkauf an der Abwärtstrendlinie die Chancen auf einen weiter fallenden Rohölpreis.
Bei Kursen unter dem Junitief bei 62 wäre ein erneutes Abrutschen in Richtung der Unterstützung um das mehrjährige Tief bei 56 anzunehmen.
Fällt der WTI Future auch darunter ließe sich weiterer langfristiger Abwärtsspielraum bis in den Bereich der o.a. Kurszielprojektion um 50 ableiten.
Bei Kursen über dem eingezeichneten, langfristigen Abwärtstrend bei aktuell 74 eröffnet sich weiteres Kurspotential. Als nächsthöhere starke Widerstände wäre die Zone um 78 und danach 84 zu nennen. Bei diesem Szenario dürfte sich die geopolitische Lage im Nahen Osten wieder verschlechtern.