In letzter Zeit lese ich in immer mehr Trading Foren, dass die Martingale Strategie, die perfekte Strategie wäre und man damit auf Dauer nicht verlieren könnte. Sie wäre sozusagen der Heilige Gral der Trading-Strategien. Doch was hat es mit dieser Strategie genau auf sich und handelt es sich dabei wirklich um eine empfehlenswerte Strategie?
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Was ist die Martingale Strategie?
Ursprünglich kommt die Martingale Strategie, auch als Martingale bezeichnet, aus dem 18. Jahrhundert und bezeichnet eine Strategie im Glücksspiel, bei der man den Einsatz im Verlustfall erhöht. Um genau zu sein, wird der Einsatz im Verlustfall verdoppelt.
Man setzt also auf das Eintreten eines bestimmtes Ereignisses. Tritt dies nicht ein, verdoppelt man den Einsatz und setzt erneut auf das Eintreten dieses Ereignisses. Dies wird solang fortgeführt bis das gewünschte Ereignis eintritt.
Ein Beispiel anhand von Roulette
Als Beispiel nehmen wir einmal das Glücksspiel Roulette. Man kann beispielsweise auf die Farben (Rot oder Schwarz) setzen. Man wettet nun in dem Beispiel also auf das Eintreten eines bestimmtes Ereignisses. Nehmen wir einmal an, die letzte Farbe im Roulette war Rot. Man wettet nun also auf die entgegengesetzte Farbe Schwarz.
Man beginnt beispielsweise mit einem Euro. Nun fällt die Kugel erneut auf die Farbe Rot. Man verdoppelt jetzt den Einsatz von einem Euro und setzt zwei Euro erneut auf Schwarz. Man verdoppelt also solange den Einsatz bis die gewünschte Farbe kommt.
Nr. | Ergebnis | Einsatz (Gesamtverlust/-Gewinn) |
1 | Rot | 1 € (-1 €) |
2 | Rot | 2 € (-3 €) |
3 | Rot | 4 € (-7 €) |
4 | Rot | 8 € (-15 €) |
5 | Rot | 16 € (-31 €) |
6 | Rot | 32 € (-63 €) |
7 | Rot | 64 € (-127 €) |
8 | Rot | 128€ (-255 €) |
9 | Rot | 256 € (-511 €) |
10 | Schwarz | 512 € (+1 €) |
In dieser Tabelle kann man schön sehen, wie diese Strategie den Anschein hat zu funktionieren, und wie einfach diese in der Anwendung ist. Doch funktioniert diese Strategie nicht in Wirklichkeit.
Warum funktioniert die Martingale Strategie nicht im Roulette?
Es gibt nicht nur die Farben Rot oder Schwarz, sondern auch Grün (die Null). Das heißt, sobald die Kugel auf die Null fällt, hat man den den halben Einsatz verloren und man wird für die nächste Runde gesperrt.
Dazu kommt noch, dass es im Roulette noch ein festgelegtes Maximum des Einsatzes gibt, was auch als Tischlimit bezeichnet wird.
Ein paar mathematische Fakten
Beim Roulette gibt es 37 Zahlen. Die Zahlen 1 bis 36 plus die grüne Zero (Null). Es gibt somit 18 Schwarze und 18 rote Zahlen.
Die Chance zu gewinnen beträgt somit 18/37=48,6%. Dies impliziert eine Verlustwahrscheinlichkeit von 51,4%.
Das bedeutet, die Chance beim nächsten Dreh meinen Einsatz zu gewinnen, liegt immer nur bei 48,6%, während die Wahrscheinlichkeit, das ich meinen Betrag verliere, und somit meinen Einsatz erneut verdoppeln muss, bei 51,4% liegt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass wenn man auf Rot setzt und 7 Spiele hintereinander verliert, liegt somit bei (19/37)7 = 0,94% .
Man wird trotz dieser relativ geringen Chance langfristig nie genug gewinnen, um solch eine Verlustserie auszugleichen. Da der Gewinn immer nur dem anfänglichen Einsatz von 1 Euro entspricht, müsste man 127 Mal gewinnen, um den Verlust wieder auszugleichen.
Man muss beachten, dass die Chancen mit zunehmen Verlusten nicht steigen, einen Gewinner zu erzielen. Die Kugel hat kein Gedächtnis und wird auch immer zufällig auf einem bestimmten Feld landen. Die Annahme, dass die Gewinnwahrscheinlichkeit mit einer zunehmenden Anzahl an Verlusten steigt, ist somit nicht richtig.
Somit entfällt die Anwendung der Strategie im Roulette aus praktischen und mathematischen Aspekten.
Anwendung der Martingale Strategie im Forexhandel
Viele werden jetzt sicherlich sagen, dass mag im Casino gelten, doch im Forexhandel gibt es keine Null, sondern nur Long oder Short. Zudem gibt es auch keinen Maximaleinsatz wie im Casino. Also sollte die Strategie im Forexhandel doch erfolgreich anwendbar sein oder nicht?
Wichtig ist, dass aber auch durch diese Strategie die Gewinnwahrscheinlichkeit nicht erhöht wird. Der langfristige Gewinn ist nach wie vor der Gleiche. Alles was die Strategie erreicht, ist eine zeitliche Verschiebung der Verluste. Unter den richtigen Voraussetzungen können die Verluste somit so weit verschoben werden, dass es nach einer sichereren Gewinnmöglichkeit aussieht.
Im Trading handelt es sich bei der Martingale Strategie um eine „Cost-averaging“-Strategie, die mit jeder Verdopplung der Positionsgröße den Einstiegskurs verringert bzw. im Shortfall erhöht. Die Strategie verdoppelt solange die Positionsgröße bis ein Gewinner eintritt.
Trade | Order | Lots | Einstieg | Durchschnittspreis | Verlust in Pips | Break-Even | Gewinn/Verlust in $* |
1 | Buy | 1 | 1,18 | 1,18 | 0 | 0 | 0 |
2 | Buy | 2 | 1,1780 | 1,1790 | -20 | 10 | -200$ |
3 | Buy | 4 | 1,1760 | 1,1775 | -40 | 15 | -600$ |
4 | Buy | 8 | 1,1740 | 1,17575 | -60 | 17,50 | -1400$ |
5 | Buy | 16 | 1,1720 | 1,17388 (1,173875) | -80 | 18,75 | -3000$ |
6 | Sell | 16 | 1,1740 | 1,17388 | -61,2 | -1,25 | +200$ |
* Wenn ein Pip einem Wert von 10$ entspricht
Wir kaufen in dem Beispiel 1 Lot (100k) von dem Währungspaar EUR/USD zu einem Preis von 1,18. Profit Target und Stopp Loss sind 20 Pips. Die Strategie hat also 1R, wie für die Martingale Strategie typisch. Allein deswegen ist die Strategie schon nicht empfehlenswert, da das CRV immer nur 1R beträgt. Wenn man zudem davon ausgeht, dass die Trefferquote des Traders bei 50% liegt, was auch genau der Aussage von Eugene Fama 1965 in einem berühmten Artikel „Random Walks in Stock Market Prices“ entspricht, ist es also auf lange Sicht ein Nullsummenspiel. Dazu kommt aber noch, dass es trotzdem mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann zur Vernichtung des kompletten Tradingkontos führt.
EUR/USD läuft gegen uns und hat unseren theoretischen Stopp Loss erreicht. Anstatt aber die Position zu schließen, wie man es unter den Aspekten eines vernünftigen Risiko- und Moneymangements immer tun sollte, kaufen wir nach. Und zwar diesmal 2 Lots, so ist unser Break-Even nicht 20 Pips, sondern nur 10 Pips. „Averaging down“ durch Verdopplung der Positionsgröße reduziert den Break-Even, um die Verluste wieder einholen zu können. Nach dem fünften Trade ist der Break-Even Point somit 17,388 (aufgerundet von 1,173875). Das heißt, wenn der Preis wieder zu diesem Punkt läuft, sind wir wieder auf +/- Null. Wenn dieses Level erreicht wird, kann man aussteigen und so alle Verluste von den vorherigen Trades decken.
Durch die jeweilige Verdopplung der Positionsgröße konnte bei einem Rücksetzer des Preises auf 1,1740 das Profit Target von 20 Pips erreicht werden. Denn der Durchschnittspreis betrug 1,17388 bzw. 1,173875 und der Ausstieg erfolgte bei 1,1740. Es wurde somit ein Gewinn von 1,25 Pips mit 16 Lots erzielt, was insgesamt 20 Pips entspricht.
Martingale Strategie für Börsenhandel nicht empfehlenswert
Bei der Martingale Strategie kann somit ein Gewinner die kompletten Verluste decken und zusätzlich das anfängliche Profit Target erreicht werden. Das ist auch aus der folgenden Formel ersichtlich:
2n = ∑ 2n-1 +1
Das klingt zwar verlockend, aber aus Sichten des Risiko- und Moneymanagements, was die wesentlichen Grundlagen für einen langfristigen Börsenerfolg sind, absolut nicht empfehlenswert. Man riskiert in diesem Beispiel für einen Trade von 1 R (entspricht 100% bezogen auf das Risiko), 15 R. Das entspricht einem Verhältnis von -15:1. Das ist absolut geistesgestört!
Aus mathematischen und theoretischen Gesichtspunkten sollte die Martingale Strategie zwar funktionieren, da sich die Märkte bekanntlich in Antriebs- und Korrekturwellen bewegen und jeder Trend in der Regel irgendwann auch korrigiert, doch ist der Zeitpunkt unbestimmt.
Außerdem tendieren gerade Forexmärkte zu sehr langen Trends. Zudem bräuchte man, um diesen Zeitpunkt zu erleben, unendlich viel Kapital, da eine Verlustserie von 10 oder mehr Trades im Laufe der Zeit sehr wahrscheinlich ist. In dem obigen Beispiel hatten wir nach nur 4 Verlusttrades schon eine Positonsgröße von 31 Lots. Das entspricht 3,1 Millionen Dollar. Bei 10 Verlusttrades in Serie wären somit 2047 Lots erforderlich. Dies entspricht $204.700.000.
Auch wenn man die kleinste Größe handelt, was ein Nano-Lot ($100) wäre, dann wären es immer noch $204.700. Zwar arbeitet man im Forexhandel mit Leverage, so dass theoretisch nicht die gesamte Kapitalsumme auf dem Brokerkonto vorhanden sein muss, um die gesamte Position handeln zu können, aber hier steckt die größte Gefahr bei der Martingale Strategie, speziell im Forexhandel.
Bei einem Hebel von 1:100 würde somit ein Kontosaldo von $2047 ausreichen, um 31 Nano-Lots zu handeln. Läuft die Position aber weiter in den Verlust, was nicht unwahrscheinlich ist, hat man einen Verlust, der das 100fache des Kontosaldos aufweist. Das verdeutlicht noch einmal das gestörte Ausmaß dieser „Strategie“. Zum Glück dürfen bei vielen Brokern die Verluste nicht die Kontoeinlage überschreiten, so dass der Einsatz begrenzt ist und auch daher die Strategie nicht einmal umsetzbar wäre (wie beim Roulette). Aber auch wenn Broker anbieten, dass die Verluste die Kontoeinlage überschreiten können, wäre eine Anwendung der Strategie früher oder später der Ruin eines jedes Traders.
Wenn man davon ausgeht, dass der Trader mit einem Hebel von 1:10 tradet und seine Kontoeinlage $15.000 beträgt, so könnte dieser eine maximale Verlustserie von 8 Verlierern überstehen. Denn dann würde der Kapitaleinsatz schon $10.230 betragen (1023 Nano-Lot x 100 / 10 Leverage).
Mathematische Fakten beim Traden der Martingale Strategie
Je mehr Trades mit dieser Strategie erfolgen, desto wahrscheinlicher ist es, eine lange Verlustserie zu erwischen.
Das statistische Profil dieser Strategie entspricht der Taleb distribution. Das bedeutet, dass die Strategie ein Auszahlungsprofil aufweist mit einem kleinen positiven Return, aber ein „geringes“, jedoch signifikantes Risiko des Totalverlustes mit sich bringt. Man hat hier eine hohe Wahrscheinlichkeit auf einen kleinen Gewinn, aber eine geringe Wahrscheinlichkeit auf einen signifikanten Verlust. Das Auszahlungsprofil der Strategie verhält sich somit anders, als es die meisten Strategien sollten. Der Erwartungswert dieser Strategie ist somit sogar eher kleiner Null.
Das Risiko nimmt bei dieser Strategie exponentiell zu, während das Auszahlungsprofil des Gewinnes sich nur linear verhält.
Bei einer Anzahl an n Verlusten, erhöht sich das Risiko des Traders um 2n-1
Wenn man wie gesagt davon ausgeht, dass die Trefferquote bei 50% liegt, dann ergibt sich folgende Gewinnerwartung der Trades:
Gewinn ≈ (1/2 n) x p
n: Gesamtanzahl an Trades
p: Gewinn je Trade
Bei der Orientierung an dem oberen Beispiel setzt der Trader sich ein Verlustlimit von 8 Verlusttrades. So wäre die größte gehandelte Lotgröße 256 Lots. Dieser maximale Betrag würde nur verloren werden, wenn eine Verlustreihe von 9 Verlusten auftritt.
Die Wahrscheinlichkeit, das dies eintritt, ist (1/2)9.
Das bedeutet, dass man davon ausgehen muss, das alle 512 Trades der maximale Verlust erreicht wird.
Nach 512 Trades:
- Erwartete Gewinne: (1/2) * 29 x 1 = 256
- Erwarteter höchster Verlust -256
- Erwarteter Net Profit ist somit 0
Fazit
Die Martingale Strategie klingt zwar auf den ersten Blick sehr reizvoll, doch ist die Strategie unter keinen Umständen zu empfehlen. Auch nicht, wenn die Forexmärkte in einer Range handeln!
Die Strategie verdeutlicht, dass man im diskretionären Trading Verlustpositionen nie ausbauen sollte. Denn das ist oft der Anfang vom Ende. Was man aber machen kann, ist die Anwendung einer Anti-Martingale-Strategie und die Position vergrößern kann, wenn man bereits vorne liegt. Dies nennt sich auch pyramidisieren. Wichtig ist aber, dass sich das Risiko dabei unter keinen Umständen erhöht. Auch ist die Strategie der Pyramidisierung nur sehr erfahrenen Tradern zu empfehlen.
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